Der viele Regen der letzten Wochen hat die Böden aufgeweicht und die Wurzeln auf dem Weg durch die Mittelheide, lassen den ein oder anderen Fuß stolpern. Die letzte Hoffnung auf Schnee, gefrorene Seen und Eiskristalle, scheint nun endgültig verflogen. Die Knospen, die trotzig ihre kleinen Köpfe aus den Astspitzen schieben, verhöhnen den kaum dagewesenen Winter. Na dann: Vorhang auf, Bühne frei, für den Frühling. Wir sind bereit! Die Fauna sprüht ebenfalls vor Frühlingslust und durch die Dämmerung des Abends dringen schwer einzuordnende Geräusche. Ein Vogel. Ein Fuchs. Eine verirrte Katze, oder alle drei zusammen? Wer weiß das schon so genau. Die Luft ist lau und frei von Kälte. Der Weg vom Bahnhof Köpenick nach Friedrichshagen ist ein netter Abendspaziergang und ansonsten mit der Bahn nur eine vierminütige Reise. Kurz auf der Bölsche in die Schaufenster gelugt und danach in die Scharnweberstraße geschlendert. Wo lassen wir uns heute nieder?

Foto: Agnes G.
Unser Ziel steht fest. Vier rote Neonbuchstaben leuchten von Weitem über einer bunten Lichterkette und einer großen Markise. RABU. Wie scheue Rehe, die vom Dunkeln des Waldes ins Licht tapsen, nähern wir uns und treten ein. Die Café-Bar öffnet ihre Pforten täglich ab 18:00 Uhr. Ein Mann begrüßt uns lächelnd und verschwindet mit einem vollen Tablett zu einem Tisch im hinteren Bereich. Fotografien und Bilder an den Wänden sowie die zahlreichen bunten Flaschen mit Spirituosen, die sich hinter der Theke spiegeln. Matthias Ahl, der Chef persönlich, steht heute hinter dem Tresen und bewirtet die Gäste im Alleingang. Noch ist nicht viel Betrieb, doch die fast gänzlich reservierten Tische lassen vermuten, dass sich dieser Zustand in wenigen Stunden ändern wird.
Wir ergattern ein Plätzchen in der Ecke am Fenster, von dem aus man die Tür und die Bar gut im Blick hat. So entgeht uns nicht, wer kommt und wer geht. Wir haben Hunger mitgebracht und stöbern in der kleinen aber sehr feinen Speisekarte, die kaum Wünsche offen lässt. Von Tagessuppe, über verschiedene Salate, Kneipenklassikern wie Ragout Fin und Burger, gibt es auch Pastagerichte und Steak. Für den süßen Abschluss ein Crêpe mit Schokocreme und Vanilleeis oder einer der fruchtigen Cocktails. Wir entscheiden uns für das ofenwarme Baguette mit Oliven und hausgemachter Aioli vorweg und anschließend für den großen Salat mit Hirtenkäse. Die Getränke unserer Wahl sind der ‚Watermelonman‘ und eine noch namenlose Kreation vom Chef. Für Neugierige, die mit Minze und Holunderblüte vom Sommer träumen. Den Laden gibt es seit 1991 und er hält sich seitdem mit wechselnden Besitzern, verliert aber nie den klassischen Stammbarcharakter, der ein breitgefächertes Publikum anlockt. „Ein Traditionshaus allererster Güte“, teilt uns Matthias mit einem Augenzwinkern mit. Er hat das Geschäft vor 16 Jahren übernommen. Die meisten Gäste gehören quasi zum Inventar und kommen seit ihrer Jugend ins RABU. So wächst Generation für Generation die Stammkundschaft heran und die Leute aus dem Kiez kennen sich. Der vordere Bereich ist für Nichtraucher und im hinteren Abteil gibt es einen Raucherraum, der auch als Tanzbühne genutzt werden kann und dann mit Livemusik bespielt wird. Zum Köpenicker Kneipenfest durfte schon die ein oder andere Band hier ihre Künste zum Besten geben. Das RABU bietet insgesamt Platz für ca 80 Leute und egal ob Geburtstage, Pokerrunden, Hochzeiten, Fußballspiele, hier wird alles gefeiert. Wer hier im größeren Rahmen einkehren will, sollte also rechtzeitig reservieren, denn der Laden ist gefragt. Auch die bildenden Künste finden in der Bar ihren Platz, schmückten in den letzten Jahren immer wieder verschiedene Werke von befreundeten Künstlern die Wände. Die Sommerterrasse vor dem Haus verlockt in warmen Nächten zum Verweilen bis zur Morgendämmerung. Dafür ist es heute noch ein wenig zu kalt und so stehen von Zeit zu Zeit vereinzelte Menschen draußen und rauchen die Zigarette zum Feierabend. Hier und da ein Schnack, ein fröhliches zuprosten und die Zeit verfliegt im Nu.
Wieder eine weitere Sprosse auf der Leiter zum Sommer. Die Freude steigt mit den Erlebnissen.
-Anne T.